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We Listen and Don’t Judge: Was Sustainability Marketing & -Kommunikation lernen muss.

Auf Instagram macht ein Trend die Runde: We Listen and Don’t Judge. Wir hören zu und urteilen nicht. Einfach. Direkt. Menschlich.  Was wäre, wenn wir dieses Prinzip auf Marketing und Kommunikation anwenden würden?

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In der klassischen Marketing- und Kommunikationswelt dominieren Botschaften, die überzeugen, begeistern und verkaufen sollen. Doch im Kontext nachhaltiger Markenführung ist dieser Einbahnstraßen-Ansatz nicht mehr zeitgemäß.

Nachhaltigkeitskommunikation muss sich grundlegend unterscheiden: Sie beginnt nicht mit dem, was wir sagen wollen, sondern mit dem, wem wir zuhören. Denn gerade wer Nachhaltigkeit ernst nimmt, weiß: Es gibt nicht eine Zielgruppe, sondern ein Netzwerk aus internen und externen Stakeholder:innen, deren Bedürfnisse, Werte und Erwartungen wir aktiv in den Dialog einbinden müssen.

Warum klassische Kommunikation hier an ihre Grenzen stößt

  • Einseitige Botschaften: Traditionelle Marken- und Produktkommunikation verfolgt oft das Ziel, Entscheider:innen oder Konsument:innen durch gezielte Narrative in eine bestimmte Richtung zu lenken. Nachhaltige Produkte werden als Alleinstellungsmerkmale herausgestellt, ohne zu hinterfragen, was wirklich gewünscht wird.
  • Top-down-Kommunikation: Hierarchien bestimmen häufig den Content. Die Marketingabteilung sendet, die Zielgruppe empfängt – ohne echte Rückkanäle oder Interaktionen.
  • Informationslücken: Wer glaubt, Nachhaltigkeit allein mit werbewirksamen Schlagworten wie „CO₂-neutral“, „Fair Trade“ oder „Kreislaufwirtschaft“ verkaufen zu können, ignoriert neben rechtlichen Rahmenbedingungen vor allem, dass Stakeholder heute anspruchsvoller, informierter und skeptischer sind als je zuvor.

Nachhaltigkeitskommunikation: Zuhören als strategisches Muss

„We listen and don’t judge.“ Dieses Prinzip startet bei der Frage: Wen wollen wir erreichen? Und wie können wir ihre Perspektiven verstehen lernen? Nachhaltigkeitskommunikation zielt darauf ab, ein Geflecht aus Interessen, Bedenken und Ideen in ein gemeinsamen Dialog zu verwandeln.

Statt sofort ins Verkaufen überzugehen, beginnt der Prozess mit einer klaren Haltung:

  1. Stakeholder Intelligence statt Vermutungen
    Ermitteln Sie, wer alles involviert bzw. betroffen ist: Mitarbeiter:innen, Führungskräfte, Lieferant:innen, Investor:innen, Kund:innen, NGOs, Expert:innen – und natürlich die eigenen Teams. Welche Fragen bewegen sie? Welches Wissen haben sie bereits, und wo erwarten sie von der Marke konkrete Antworten? Stakeholder Intelligence bedeutet: Sich nicht auf interne Annahmen zu verlassen, sondern in den Dialog einzutreten.
  2. Bidirektionale Kommunikation etablieren
    Nachhaltigkeitskommunikation ist kein Monolog, sondern ein Dialog. Das umfasst:
    • Offene Feedback-Kanäle: Digitale Plattformen, Workshops, Roundtables, Social Media Listening. Hier sammeln Sie kontinuierlich Eindrücke, Wünsche und Kritik.
    • Transparenz und Nachvollziehbarkeit: Statt marketinggestützter Verlautbarungen sollten Sie Fakten, Zahlen und Prozesse offenlegen. Zeigen Sie, wie Entscheidungen getroffen werden und welche Herausforderungen aktuell existieren.
    • Partizipative Formate: Co-Creation-Workshops, Stakeholder-Beiräte oder Community-Gespräche, in denen Ihre Zielgruppen aktiv an der Gestaltung von Nachhaltigkeitsprojekten beteiligt werden.
  3. Inhalte zielgerichtet gestalten
    Zuhören allein reicht nicht aus. Erst die gewonnenen Erkenntnisse erzeugen den Mehrwert für Content und Kampagnen. Mögliche Ansatzpunkte:
    • Bedürfnisorientierte Produkt- und Serviceentwicklung: Wenn Kund:innen beispielsweise nach erklärter Recycling-Kompatibilität fragen, sollte das in Produktdesign und Verpackung einfließen.
    • Mitarbeiter:innen-Engagement und Employer Branding: Kolleg:innen wollen klare Handlungsanweisungen, können aber auch Ideen einbringen, wie interne Prozesse nachhaltiger gestaltet werden. Solche Impulse steigern Motivation und stärken die Arbeitgebermarke.
    • Investoren- und Finanzkommunikation: Für Kapitalgeber:innen ist wichtig, wie Nachhaltigkeits-Risiken gemanagt werden und welche langfristigen Renditepotenziale entstehen. Vermeiden Sie ausschließliche Reduktion auf ESG-Ratings; erzählen Sie stattdessen reale Geschichten von Fortschritten und Hürden.

Der Business Case für Zuhören & Dialog

  • Stärkung der Markenloyalität: Heute vertrauen nur rund 20 % der Konsument:innen den Nachhaltigkeitsaussagen von Unternehmen, ohne diese zu hinterfragen (Quelle: Financial Times). Sie sind kritisch und skeptisch, wenn es um Nachhaltigkeitsaussagen geht. Umso wichtiger ist es deshalb, transparent zu kommunizieren und authentisch zu reagieren. Nur so generiert man langfristiges Vertrauen und Kundenbindung.
  • Effizientere Ressourcenallokation: Anstatt Kampagnen ins Leere laufen zu lassen, weil die Zielgruppe ohnehin etwas anderes erwartet, sollten Sie in Maßnahmen investieren, die tatsächlich nachgefragt sind. So optimieren Sie Ihre Budgets und senken Reibungsverluste.
  • Innovationsförderung: Durch den ständigen Austausch mit Stakeholder:innen erkennen Sie Trends und Bedürfnisse frühzeitig. Das schafft Raum für iterative Produktentwicklungen und Agilität, die im klassischen Wasserfall-Modell oft nicht möglich ist.
  • Mitarbeiter:innen-Motivation: Unternehmen mit einer aktiven Feedback-Kultur sind laut Wellable-Studie 23 % profitabler und 18 % produktiver als Unternehmen ohne solche Mechanismen (Quelle: Wellable). Wenn Mitarbeiter:innen erleben, dass ihre Meinung im Nachhaltigkeitsprozess zählt, steigt ihre Bindung und Leistungsbereitschaft.

Fazit: Zuhören als Kernelement authentischer Kommunikation

Nachhaltigkeitsmarketing & -Kommunikation unterscheidet sich signifikant von klassischem Marketing: Es ist kein pushbasiertes „Verkaufen“, sondern ein pullbasiertes „Einladen zum Dialog“. Wer das Potenzial von Stakeholder-First begreift, schafft Mehrwert auf allen Ebenen:

  • Markenreputation: Glaubwürdigkeit entsteht durch Transparenz und Reaktionsfähigkeit.
  • Innovationskraft: Reale Bedürfnisse im Markt führen zu echten Produkt- und Serviceinnovationen.
  • Wirtschaftlicher Erfolg: Vertrauen und Engagement resultieren in höherer Kunden- und Mitarbeiter:innenloyalität, besseren Prozessen und letztlich in langfristiger Wettbewerbsfähigkeit.

Beginnen Sie heute damit, Ihre Nachhaltigkeitskommunikation neu auszurichten: Beziehen Sie interne und externe Stakeholder:innen in den Dialog ein. Hören Sie zu, ehe Sie senden.

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